Zwei BBS-Musiker spielen sich bei British Open in die Top Ten

Am von geschrieben & unter Brass Band Sachsen eingefügt.

Glasgow/Birmingham. Manchmal eröffnen sich im Leben Möglichkeiten, von denen man persönlich nicht einmal ansatzweise zu träumen gewagt hätte. Eine eben solche eröffnete sich letzte Woche für zwei Musiker der Brass Band Sachsen. Nadine Berlt und Thomas Schneider (beide Percussion) begaben sich auf eine einwöchige Reise nach Glasgow (Schottland), um sich auf die Teilnahme an den 164. Brass Band British Open in Birmingham, dem weltweit ältesten Brass-Band-Wettbewerb, vorzubereiten. Dass beide Musiker der im Jahr 1853 ins Leben gerufenen, jährlich stattfindenden Veranstaltung überhaupt beiwohnen durften, ist definitiv keine Selbstverständlichkeit.

Denn dem Namen entsprechend ist eine Teilnahmemöglichkeit grundsätzlich ausschließlich den Top-Bands aus England, Nordirland, Schottland und Wales vorbehalten. Die Qualifikation hierfür erfolgt über erfolgreiche Platzierungen in anderen nationalen Wettbewerben. Eine Hintertür hält sich die Organisationsleitung jedoch stets offen. An ein oder zwei ausgesuchte Bands außerhalb Großbritanniens werden Wildcards vergeben. Demnach kamen in diesem Jahr der belgische Champion Brass Band Willebroek (Dirigent Frans Violet) sowie der aus Neuseeland angereiste, nationale Gewinner Wellington Brass Band zu dieser besonderen Ehre.

Nadine und Thomas spielte schließlich der Zufall in die Karten, dass mit Allan Ramsay erst im Juni ein Dirigent mit der Brass Band Sachsen zusammenarbeitete, welcher mit seinem Stammensemble, der Co-Operative Funeralcare Band (Glasgow), an den British Open teilzunehmen plante. Zudem fehlten der Band zwei Schlagwerker, sodass Allan beide Musiker prompt nach Schottland einlud. Ein Traum wurde für beide von jetzt auf gleich Wirklichkeit.

(C) Th. Schneider | Nadine und Thomas vor Abflug nach Glasgow

(C) Th. Schneider | Nadine und Thomas vor Abflug nach Glasgow

So starteten die Musiker ihr Abenteuer am Montag, den 5. September, mit dem Flug von Berlin nach Glasgow wohlwissend, dass diese Erfahrung voraussichtlich eine einmalige sein würde. Beide wurden von Allan Ramsay am Flughafen herzlich empfangen und es ging dabei sogleich zu der ersten, abendlichen Tuttiprobe. Natürlich war eine gewisse Anspannung spürbar. „Es ist schließlich unser Anspruch, Deutschland und insbesondere die Brass Band Sachsen hier bestmöglich zu repräsentieren.“, sagte Nadine Berlt. „Es ist zudem zusätzlich eine Herausforderung binnen einer Woche sowohl mit den anderen beiden Schlagwerkern innerhalb des Registers und schließlich mit der gesamten Band zu harmonieren, welche das Stück bereits verinnerlicht hat.“, fuhr Berlt fort. Doch insbesondere die musikalische Arbeit mit der Brass Band Sachsen in den vergangenen Jahren hat beide Musiker zu einer gewissen Flexibilität verholfen, sich auf derartige Gegebenheiten einzustellen. Mit jeder weiteren Probe im Laufe der Woche fügten sie sich beide musikalisch rasch in das Gesamtbild des Klangkörpers ein.

(C) Th. Schneider | Abendprobe in der King's Park Church Glasgow

(C) Th. Schneider | Abendprobe in der King’s Park Church Glasgow

Was wäre aber eine Auslandsreise ohne das Erleben von Stadt und Land? Selbstredend ergaben sich im Laufe der Woche neben der Probenaktivität Freiräume, um einmal in die Innenstadt von Glasgow zu reisen, welche Ende des 19. Jahrhunderts ihre große wirtschaftliche Blüte erfuhr. Neben Jahrhunderte alten Gemäuern wie der Kathedrale von Glasgow prägen auch moderne Gebäude die Stadt, deren Gestalt in zahlreichen Fällen auf den Architekten Charles Rennie Mackintosh, einem Vorreiter des „Modern Art“-Stils, zurückgehen.

(C) Th. Schneider | Kathedrale von Glasgow

(C) Th. Schneider | Kathedrale von Glasgow

Schottland ist zudem natürlich berühmt für seine sattgrünen Berge und Seen und so ließ es sich Allan nicht nehmen, Nadine und Thomas zum nordwestlich von Glasgow gelegenen See Loch Lomond auszufahren. Ein Besuch bei einer original schottischen Whiskydestillerie durfte schließlich nicht fehlen.

(C) Th. Schneider | Blick auf Loch Lomond

(C) Th. Schneider | Blick auf Loch Lomond

Am Freitag, einen Tag vor dem Wettbewerb, wurde es ernst: Der Bandbus begab sich auf die etwa sechsstündige Fahrt in Richtung Birmingham. Die Vorfreude auf die Birmingham Symphony Hall, einem der aus Sicht von Nadine und Thomas klanglich wie auch optisch schönsten Konzertsäle der Welt, stieg bei beiden ins Unermessliche. Nach einer Abschlussprobe am Abend wartete die Band gespannt auf die morgendliche Auslosung, welche die Co-Operative Funeralcare Band auf Startplatz 12 setzte. Von den wettbewerbserfahrenen Bandmitgliedern wurde diese Position durchaus als ordentlich bewertet.

(C) Th. Schneider | Birmingham Symphony Hall

(C) Th. Schneider | Birmingham Symphony Hall

Selbst als bühnenerfahrene Orchestermusiker stieg jetzt das Lampenfieber bei Nadine und Thomas doch etwas mehr als sonst üblich empor. Da kam etwas Ablenkung gerade recht in der Form, dass einem in den Katakomben zahlreiche Granden der Top Bands (Black Dyke, Cory, Brighouse) über den Weg liefen und man mit dem ein oder anderen gar ein kurzes Pläuschchen hielt.

Endlich ging es auf die Bühne und das Motto lautete: 16 min den Saal und die Musik vor ausverkauftem Haus genießen!

Das höchst anspruchvolle Wettbewerbsstück für die diesjährigen British Open war Peter Graham’s „The Triumph of Time“. Es handelt sich hierbei um ein Auftragswerk der Black Dyke Band als Selbstwahlstück für die European Brass Band Championships 2014 in Perth (Schottland). Inhaltlich lehnt es sich an seine 1989 veröffentlichte Komposition „The Essence of Time“ an.

Nach Verklingen des letzten kraftvollen, aber hellen Tuttischlussakkordes brandete frenetischer Beifall im Zuschauerraum auf. Unter ihnen jubelte ein besonderer Gast: Deborah Newby (Solo Baritone Brass Band Sachsen)!

Kurz nach der Performance äußerte sich Allan Ramsay gegenüber dem Fachmagazin 4barsrest wie folgt:

4BR talks to Allan Ramsay of Co-Operative Funeralcare, British Open 2016 from 4barsrest.com on Vimeo.

Alle Musiker der Band hatten nach dem Auftritt ob der gezeigten Leistung ein Strahlen auf dem Gesicht und hinsichtlich der Platzierung ein gutes Gefühl. Natürlich steht die Musik im Vordergrund. Dennoch waren Nadine und Thomas ein wenig überrascht, dass das Interesse der Bands hinsichtlich des Verkündung der Platzierung bei diesem Wettbewerb traditionell nicht vorhanden ist. Da ging es fast ein wenig unter, dass Nadine und Thomas mit der Co-Operative Funeralcare Band eine bemerkenswerten 8. Platz (von insgesamt 19 teilnehmenden Bands) erreichte. Außer Reichweite waren die Sieger, welche in diesem Jahr durch die Cory Band aus Wales gestellt wurden. Die Musiker aller Bands machten schließlich die Nacht in der Innenstadt Birmingham’s zum Tag!

Dies galt für die Musiker der Co-Operative Funeralcare Band nur bedingt, da am Vormittag des darauffolgenden Tages noch ein weiterer kleinerer Wettbewerb, der Dr. Martin’s Contest, in einer Privatschule bei Middlesbrough anstand. Diesen konnte die Band erfreulicherweise für sich entscheiden. Juror war kein geringerer als Dr. Robert Childs, welcher noch am Vorabend selbst als Dirigent der Brass Band Grimethorpe in Birmingham auf der Bühne stand.

Gleich danach ging es für Nadine und Thomas über Manchester zurück nach Deutschland. „Für Nadine und mich war diese Woche ein Eintauchen in eine andere Welt und wird für immer unvergesslich bleiben. Allein diese Möglichkeit erhalten zu haben, mit einer britischen Championship Section Band musizieren zu können, ehrt uns riesig. Vielleicht kann sich zukünftig ein kultureller Austausch zwischen beiden Bands weiter entwickeln.“, bemerkte Thomas Schneider zusammenfassend. „Unser beider Dank gilt insbesondere dem Dirigenten Allan Ramsay und dem Band Manager Martin Stack, welche den enormen Aufwand auf sich genommen haben, um sich um unser Wohl zu sorgen.“, zeigte er sich dankbar.

Mehr Informationen zur Co-Operative Funeralcare Band erhalten Sie unter:

www.theco-operativefuneralcareband.co.uk

(C) Th. Schneider | Percussion Section der Co-Operative Funeralcare Band

(C) Th. Schneider | Percussion Section der Co-Operative Funeralcare Band


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